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Die Kellnerei in Angermund zählt heute zu
den ältesten und bedeutendsten Düsseldorfer Baudenkmälern.
Sie wird in den Gütererwerbungen des Kölner Erzbischofs Philipp von
Heinsberg (1130-1191) genannt. Das Verzeichnis der während seiner langen
Regierungszeit (1168-1191) erworbenen Güter existiert in drei
Exemplaren. Das im Landesarchiv NRW Abt. Westfalen befindliche Original erwähnt
unter der lfd. Nr. 23 Allodium de Angermonde - Burg zu Angermund. Die
Paderborner Abschrift verzeichnet unter Punkt 49 Castrum Angermunde et
curiam adiacentem - Burg Angermund und angrenzendes Rathaus. Ziel der
Erwebungen des Kölner Erzbischofs war es, das kurkölnische Territorium aus
seiner Zerrissenheit zu befreien und ein zusammenhängendes Machtgebilde zu
kreieren. Dies sollte primär den Expansionsdrang der Grafen von Berg
einschränken, aber auch durchaus kaiserlichen Interessen entgegentreten. Ein
Ziel übrigens, das Philipp von Heinsberg nie ganz erreichte und das in dem
Moment ein endgültiges Ende fand, als ein gewisser Engelbert auf dem Kölner
Erzstuhl landete. Dieser, als Engelbert II. (1185-1225) Graf von Berg, war
seiner Familie eher verpflichtet als dem Wohl Kurkölns, wie die Tatsache
beweist, dass er die Burg Angermund mit ihren Besitzungen seinem Bruder Adolf
III. zu Lehen gab. Genauere Nachrichten, wie das Gebiet um Angermund einst an die
Grafschaft Berg gelangte, liegen nicht vor. (1)
Aber nur
Engelbert, seit 1216 als Engelbert I.
Erzbischof von Köln und seit 1220 Reichsverweser, konnte es wegen seiner hohen Stellung wagen, so
nahe zu den kaiserlichen Pfalzen in Kaiserswerth und Duisburg die Burg bis
1222 zu einem Bollwerk ausbauen zu lassen. Dazu gehörten: ein
mächtiger Bergfried, Burggraben, zwei Zugbrücken sowie zwei weitere,
deutlich kleinere Rundtürme, die die Zugänge in den Burghof sicherten. Einige Teile der heute erhaltenen Gebäude stammen noch aus dieser Zeit.
1247 wurde die Burg Witwensitz der Witwe Heinrichs von Limburg, der Gräfin
Imrgard von Berg. Im Jahr darauf erfuhr der bergische Landbesitz eine
erhebliche Erweiterung durch die Erwerbung des Königshofes zu Reth.
Später war die Burg eitweiliger Aufenthaltsort der Landesherren und Sitz eines der
ursprünglich acht bergischen Ämter. In unruhigen Zeiten war sie ein gut zu
verteidigender militärischer Stützpunkt. Sie diente als Verwaltungszentrale
des Amtes Angermund, das wegen seiner Größe und Bedeutung von drei
Hauptbeamten geleitet wurde: dem Amtmann, dem Richter und dem Kellner. Der
Amtmann stand der Verwaltung vor, er war stets ritterlichen Geschlechts. Der
Richter war nicht nur dafür verantwortlich, "jedem gebührlich Recht und
Scheffenurteil gedeihen und widerfahren zu lassen", sondern hatte auch die
Steuern und Gerichtsgebühren festzusetzen und darüber "Rechnung zu legen".
Die Gefälle (2) waren in Getreide später in Geld zu bezahlen und wurden vom
Kellner (3) eingezogen. Weil er auf der Burg amtsansässig war, wurde diese
auch Kellnerei genannt und diente sozusagen als mittelalterliches
bergisches Finanzamt.
Im 17. Jahrhundert bildete die Kellnerei mit der nördlich davon verlaufenden Straße (4) ein lang
gezogenes, von Gräben eingeschlossenes Rechteck. 1635 wurde am nordöstlichen
Zugang ein neuer Torbau errichtet. Er ersetzte den älteren Rundturm an
gleicher Stelle. Der Schluss-Stein im Torbau trägt neben der Jahreszahl
das Wappen der Grafschaft Ravensberg. Die Grafschaft war seit 1346 in
Personalunion mit Berg, ab 1437 mit Jülich-Berg und ab 1521 mit Kleve in den
Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg verbunden. Nach dem
Jülich-Klevischen Erbfolgestreit (1609-1614) und dem Vertrag von Xanten
erhielt die Pfalz-Neuburgische Linie der Wittelsbacher das Herzogtum
Jülich-Berg, während Kleve-Mark, Ravenstein und Ravensberg an die
Brandenburgischen Kurfürsten fielen. Es überrascht deshalb, dass der neue
Torbau der bergischen Burg 1635 noch den Schluss-Stein mit dem
ravensbergischen Wappen erhielt. Hintergrund ist vermutlich die Tatsache,
dass die Pfalzgrafen und brandenburgischen Kurfürsten ihre
Auseinanandersetzungen um das jülich-klevische Erbe noch jahrelang fortsetzten.
So ließ Friedrich Wilhelm (der Große Kurfürst) seine brandenburgischen Soldaten am 17.
Juli 1651 gegen Angermund vorrücken. „Durch stätiges Kanonieren und Einwerffung
großer Feuerbomben“ gelang es ihnen, die Kellnerei zu erobern. Bald
darauf fand die Zusammenkunft zwischen dem Pfalzgrafen und dem Großen
Kurfürsten auf freiem Feld vor Angerort statt. Am 28. August räumten die
Brandenbruger die Kellnerei wieder. (5)
1716 ließ der bergische Herzog Jan Wellem den Bergfried abreißen, weil er feindliche Heerscharen immer
wieder auf die Burg aufmerksam machte. Bis dahin hatten im Turm Folterungen und
Hinrichtungen stattgefunden; vermeintliche Hexen wurden hier durch Folter zu
Geständnissen gezwungen. Letzter Turmwächter war Konrad Reichen, genannt der
Bierzapfer, dessen Nachfahren noch heute in Angermund ansässig sind.
Im Jahre
1780 wurde das Herrenhaus gebaut. Danach erlebte die Kellnerei eine wechselvolle
Geschichte. Bis zur Besetzung durch napoleonische Truppen blieb sie im Besitz
der bergischen Herzöge. Nach dem Ende der
Franzosenherrschaft wurde die Kellnerei 1815 preußisches Domänengut. Formal
gehörte die seitdem nur noch landwirtschaftlich genutzte Kellnerei dem
Herzogtum, Jülich, Cleve und Berg, einer erst am 30. April 1815
gebildeten preußischen Provinz.
Am 15. August 1821 kaufte
der damalige Bürgermeister Ferdinand Baasel, zugleich Königlicher
Rentmeister zu Angermund, die Kellnerei für 7.000 Thaler vom
preußischen Fiskus. 1833
kam die Burg in den Besitz des Grafen von Hatzfeld-Wildenburg, der sie zunächst
an die Gebrüder Radmacher, dann an Albert Sonnen, von 1916 bis 1953 zwei
Generationen lang an die Familie Röskes verpachtete.
1953 wurde Peter
Götzen neuer Eigentümer der Kellnerei. Er betrieb darin ab 1963 zunächst
eine Metzgerei, ab 1967 das Burg-Restaurant Angermund, ein Top-Restaurant, in
dem man selten Angermunder traf. Zu fein, hieß es. - Mein Vater
(Nicht-Angermunder) erzählte immer, dass er dort bei einem Geschäftsessen mit
einem Angermunder das schärfste Pfeffer-Steak seines Lebens gegessen habe. Als
in den 1970er Jahren Hofbetrieb und Gastronomie eingestellt wurden, verfiel die
in schlechtem baulichen Zustand befindliche Anlage durch den Leerstand immer
mehr. Ein Brand tat sein Übriges und zerstörte dabei wertvolle Stuckdecken aus
dem 18. Jahrhundert. 1983 begannen Arbeiten zur Sanierung der Kellnerei.
Bei der Umgestaltung zu einer modernen Wohnanlage wurden die zerstörten
Stuckdecken rekonstruiert, aber auch noch erhaltene historische Bausubstanz wie
zum Beispiel ein erhaltener Kamin im Nordteil des Hauptgebäudes beseitigt. Wie
marode die Mauern zum Teil schon waren, zeigte sich während der Arbeiten, als
die Hoffassade im mittleren Teil des Hauptgebäudes einstürzte. Sie wurde nach
altem Vorbild wiederaufgebaut. Ställe und Scheunen an der West- und
Südseite des Burgareals mussten modernen Gebäuden weichen. 1985 waren die
Arbeiten beendet. Die Kellnerei kann als Privatbesitz heute lediglich von außen
besichtigt werden. Seit dem 23. Februar 1984 steht sie als Baudenkmal unter
Denkmalschutz; seit dem 21. September 1999 ist sie außerdem als Bodendenkmal
geschützt.
Anmerkungen: |